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Europawahlen 2024

Frankreich und die Europäische Union

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Seit den letzten Europawahlen im Jahr 2019 hat sich die Welt stark verändert. Die Herausforderungen sind zahlreich: Krieg in der Ukraine, neue Rivalitäten, Klimawandel, Bauernproteste, steigende Preise, Populismus… Keines dieser Probleme kann von einem Land im Alleingang gelöst werden. Die Europäische Union ist dafür essenziell. Nur wie genau funktioniert eigentlich das Europäische Parlament, was sind seine Aufgaben und wer wird im Juni 2024 gewählt?

Aktuelle Informationen zu den Europawahlen in Frankreich finden Sie auch in unserem Wochenspiegel - Darüber diskutiert Frankreich!

Organisation der Europawahlen in Frankreich

Als Deutschlands engster Verbündeter und als zweitgrößter Mitgliedstaat in der EU spielt Frankreich eine besonders wichtige Rolle. Wie laufen die Europawahlen in Frankreich ab? Wie ist das Verhältnis der Franzosen zu Europa und wer sind die französischen Spitzenkandidaten?

 

Die Wahlen finden systematisch als allgemeine, direkte Wahlen in einem Wahlgang statt. In den meisten Mitgliedsstaaten stimmen die Wähler für eine Liste von Kandidaten, die nach politischen Richtungen gruppiert sind. Die Parteien müssen dann Listen mit einer Anzahl von Kandidaten vorlegen, die der Anzahl der zu wählenden Abgeordneten entspricht. In Frankreich muss jede somit 81 Namen enthalten. Für die Ergebnisse gilt das Verhältniswahlrecht. Das heißt, dass eine Liste, die in einem Land 15% der Stimmen erhält, (ungefähr) 15% der zur Wahl stehenden Sitze gewinnen muss. Jedem Mitgliedstaat steht es jedoch frei, eine Wahlhürde festzulegen, solange diese nicht mehr als 5% beträgt. Konkret bedeutet das, dass eine Liste, die unterhalb des Schwellenwerts abschneidet, keinen einzigen Europaabgeordneten erhält. In Frankreich beträgt dieser Schwellenwert 5%.

 

Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen in Frankreich ist traditionell niedriger als in Deutschland, liegt aber insgesamt im Durchschnitt der Mitgliedstaaten. 2019 erreichte sie in Frankreich 50%, in Deutschland lag sie bei über 60%.

 

Europa ist in Frankreich ein polarisierendes Thema. Dies hat auch historische Gründe. Schon Charles De Gaulle, der erste Präsident Frankreichs nach dem Krieg hatte eine kritische Haltung gegenüber dem "Projekt Europa" und seine "Politik des leeren Stuhls" im damaligen Ministerrat der EWG (Vorgängerin der EU) wird auch heute noch oft zitiert. Hinzu kommt eine politische Kultur, die Eliten gegenüber grundsätzlich kritisch eingestellt ist. In den letzten Jahrzenten begünstigte dies die Entwicklung eines politischen Diskurses, der sich oftmals gegen die "Brüsseler Funktionäre" wand und für diverse Missstände verantwortlich machte.

 

Die zur Wahl stehenden französischen Parteien und Spitzenkandidaten

In der französischen politischen Kultur wird eher für Personen als für Parteien gewählt. Deshalb ist auch die Wahl der europäischen Spitzenkandidaten besonders entscheidend. Diese werden in den meisten Fällen direkt von den Parteichefs ernannt.

 

Während die meisten Parteien ihren Spitzenkandidaten schon lange bekanntgegeben hatten, brodelte die Gerüchteküche bei "Renaissance" bis Ende Februar. Emmanuel Macron gab schließlich die Nominierung von Valerie Hayer bekannt. Hayer ist seit 2019 Europaabgeordnete und seit Januar 2024 Vorsitzende der Fraktion "Renew".

 

Für das "Rassemblement National" (RN) ist der 28 Jahre alte Jordan Bardella zum zweiten Mal Spitzenkandidat. Er machte sich 2019 durch eine erfolgreiche Kampagne einen Namen und ist seitdem als Nachfolger von Marine Le Pen Vorsitzender der Partei. In den letzten fünf Jahren war er stellvertretender Vorsitzender der Fraktion "Identität und Demokratie" im Europäischen Parlament

 

Spitzenkandidat der Sozialisten ist Raphael Glucksmann. Besonders bekannt ist er für seine Arbeit zu Menschenrechtsfragen, denen er auf Social Media große Sichtbarkeit gab. Im Oktober 2023 gründete er seine eigene Partei "Place publique" die sich der "Parti Socialiste" schließlich offiziell im Februar 2024 anschloss.

 

Links von Raphael Glucksmann ist Manon Aubry, die zum zweiten Mal Spitzenkandidatin für die linkspopulistische Partei "La France insoumise" (LFI) ist. Die ehemalige Sprecherin von Oxfam ist im EU-Parlament Vorsitzende der Linksfraktion (GUE/NGL).

 

Marie Toussaint ist Spitzenkandidatin für "Europe Écologie Les Verts". Als Juristin setzt sie sich für die rechtliche Grundlage des Klimaschutzes ein und ist seit zwei Jahren Vizepräsidentin der Grünen im EU-Parlament.

 

Der Philosoph und Europaparlamentarier François-Xavier Bellamy wurde nach längerer Überlegung schließlich zum zweiten Mal als Spitzenkandidat der bürgerlich-konservativen Partei "Les Républicains" ernannt. Der bekannte Europa-Politiker Michel Barnier, der auch den Brexit verhandelte, wurde eine Zeit lang als möglicher Kandidat gehandelt, lehnte jedoch ab.

 

Marion Maréchal ist Spitzenkandidatin der im Jahr 2021 gegründeten, rechtsextremen Partei "Reconquête". Sie ist die Nichte von Marine Le Pen und wird damit zur politischen Gegnerin ihrer ehemaligen Partei, "Rassemblement National". Das Ziel von "Reconquête" ist, die 5 % Schwelle zu überwinden, um sich im Europaparlament zu etablieren

 

Léon Deffontaines ist einer der jüngsten Spitzenkandidaten, er tritt für den "Parti communiste français" an. Im November 2023 wurde er mit 91% der Stimmen zum Partei-Favoriten gekürt.

 

Aktuelle Umfragewerte können Sie tagesaktuell auf der Seite Toute l'Europe nachverfolgen: Hier klicken 

 

 

Fraktionen im Europäischen Parlament (2019-2024)

Aktuelle Verteilung der französischen Europaabgeordneten / Fraktionen im EP

Aktuell gehören die französischen Abgeordneten mehrheitlich den Fraktionen "Renew" (Liberale, Zentristen) und Identität und Demokratie (Rechtspopulisten, Rechtsextreme) an. Diese Verteilung spiegelt die Dualität zwischen Macrons Partei "Renaissance" und dem rechtsextremen "Rassemblement national" wider.

Französische Abgeordnete im Europäischen Parlament (2019-2024)

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Anja Czymmeck

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Leiterin des Auslandsbüros Frankreich

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